Hinter den Kulissen

Hinter den Kulissen

Ein erfolgreiches Konzertwochenende liegt hinter uns – und wir brauchen jetzt erstmal eine kurze Verschnaufpause. Diese Zeit wollen wir nutzen, um darüber zu berichten, wie unsere Konzerte entstehen und was alles passieren muss, bevor und nachdem wir auf der Bühne stehen. Wir laden Euch ein auf einen Blick „hinter die Kulissen“!

Tourneestart: Herbst des Vorjahrs

Wir organisieren unsere Konzerte größtenteils selbst. Das unterscheidet uns von vielen anderen Kammermusikformationen. Wir haben keine Agentur und keinen Manager. Anmietung von Sälen, Werbung, Kartenverkauf – um alles müssen wir uns selbst kümmern. Für manche Konzerte werden wir natürlich auch fest gebucht. Das ist dann immer wie Urlaub ;) .

Für uns beginnt ein Konzert schon viele Monate, bevor wir die Bühne betreten. Nach der Akquise von neuen und alten Spielorten müssen Konditionen ausgehandelt, die Werbung gestaltet und die Arrangements geschrieben werden. Die Liste der Details, die man dort beachten muss (oder falsch machen kann), ist lang. Welche Eintrittspreise sind vor Ort üblich? Finden zeitgleich Fußballspiele, Stadtmarathons oder Open-Air-Festivals statt? Für am Veranstaltungsort vorbeiführende Radrennen haben wir übrigens ein besonderes Faible...

Schmückend sehen die Kisten mit den Flyern nicht gerade aus.

Geht aus dem Plakat-Design klar hervor, dass es sich um ein Harfenkonzert handelt? Klingt die Stelle im Stück wirklich so komisch oder ist es nur ein Druckfehler in der Partitur? Dies sind nur einige der Fragen, denen man im Laufe der Vorbereitung seine volle Aufmerksamkeit schenken muss. Wir haben einmal ausgerechnet, dass in einem Stück Musik von 15 Minuten Dauer ca. 100 Arbeitsstunden stecken.

Ein spannender Moment ist immer die Bestellung unserer Plakate, Flyer und Programmhefte. Sind wirklich alle Texte fehlerfrei und alle Konzertdaten korrekt? Oder können wir unsere Wohnung demnächst mit 10.000 falsch bedruckten Flyern tapezieren? Kurz bevor wir auf „Jetzt bestellen“ klicken, geht der Puls so hoch, als würden wir die Konzertbühne betreten. Jetzt gibt es kein Zurück mehr!

Ebenfalls wichtig: Die Eintragung der Konzerte für den Vorverkauf, die Aufnahme in die Terminliste unserer Homepage und die Anmeldung bei der GEMA. Diese muss auch gemacht werden, wenn wir gar keine GEMA-pflichtigen Stücke im Programm haben!

Vom Schreibtisch an die Harfe

Jetzt heißt es üben und proben. Auch dabei kann es zu mancher Überraschung kommen: Von im Tempo doch unspielbaren Stellen bis hin zu grob falsch eingeschätzter Spieldauer der Stücke – alles ist möglich. Auch hitzige Diskussion über die Interpretation dieser oder jener Stelle in den Proben bzw. die grundsätzliche musikalische Eignung des Gegenübers sollen schon vorgekommen sein...
Die Probenzeit ist immer die spannendste Phase der Vorbereitung. Hier zeigt sich, ob die Arrangements im Zusammenspiel wirklich so klingen, wie man es sich beim Schreiben vorgestellt hat und ob der Gesamtbogen des Programms passt. Irgendwann bekommt man allerdings Übung darin, solche Dinge vorauszuplanen. Ein „böses Erwachen“ in den Proben haben wir daher schon länger nicht mehr erlebt. Meistens sind wir beim ersten Ausprobieren der Arrangements begeistert, nun endlich die Musik „live und in Farbe“ zu hören!

„Dürfen wir bei Ihnen ein Konzertplakat aufhängen?“

3-4 Wochen vor dem Konzert geht es in die heiße Phase. Zunächst müssen die Aufkleber (im Fachjargon „Störer“ genannt) mit den genauen Konzertorten und -zeiten gedruckt und auf die Werbematerialien geklebt werden. Bei den Plakaten ist das noch einfach, da sie erstens groß und zweitens nicht so viele sind. Bei den 2 cm x 5 cm großen Aufklebern für die Flyer sind dagegen Feinmotorik und eine ruhige Hand gefragt. Wenn man sich anstrengt, schafft man einen Flyer in etwa sieben Sekunden (handgestoppt) bzw. 500 Flyer pro Stunde... Das kann man zum Glück beim Fernsehen machen. Wer mag, kann jetzt ausrechnen, wie viele Folgen „Dr. House“ man gucken kann, um unsere Tournee zu bewerben!

Hier hat es mal gut geklappt mit dem Plakatieren!

Wer schon bei uns zu Hause war, weiß auch, dass unsere Wohnung immer vollgeräumt ist mit „Duo-Krempel“: Kisten mit Werbematerial, Kisten mit CDs, Kundenstopper, Stative, Scheinwerfer; ganz zu schweigen von Harfen, deren Überzügen und Noten!

Die Plakate hängen wir an den Konzertorten und in den umliegenden Geschäften selbst auf. Manchmal schafft man an einem Tag 50 Plakate, doch das ist von Stadt zu Stadt extrem unterschiedlich. In Rudolstadt etwa sind die meisten Ladenbesitzer hocherfreut, wenn man sie fragt, ob man ein Plakat bei ihnen aufhängen darf. Interessiert betrachten sie das Plakat und äußern sich wohlwollend bis begeistert über das schöne Foto oder die ungewöhnliche Besetzung. In Leipzig dagegen kann man froh sein, wenn man 10 Plakate los wird. Hier erntet man skeptische Blicke, verbunden mit dem Hinweis, dass man nur Sachen der Marketingfirma XY oder des Gewandhauses aufhängt. Wir können Euch versichern: Es ist kein schönes Gefühl, nach so einem Tag nach Hause zu fahren!

Doch bevor man die Werbung verteilt, sollte man unbedingt noch einmal mit dem Veranstalter Rücksprache halten! Findet das Konzert wirklich statt? Ist die Kirche gemeint gewesen oder der winzige Saal nebenan? Hat sich die Uhrzeit oder die Location geändert? Diese Fragen scheinen paranoid, doch wir können Euch versichern: Wir haben schon so ziemlich alles erlebt...

Harfen, Wasser und Kugelschreiber

Ist der Tag des Konzerts angebrochen, heißt es zunächst einmal: Auto packen! Die Liste der Dinge, die wir mitnehmen müssen, umfasst aktuell 82 Einzelpunkte. Das erscheint zunächst absurd, aber man darf nicht vergessen: Wenn wir selbst einen Saal mieten, stellt der Vermieter unter Umständen nichts zur Verfügung. Mit anderen Worten: Wenn wir Durst haben, müssen wir selbst eine Flasche Wasser mitbringen und wenn wir wollen, dass sich jemand in unsere Newsletter-Liste einträgt, sollten wir einen funktionierenden Kugelschreiber dabei haben. Oder was ist, wenn der Eingang zum Saal von außen schwer zu finden ist? Dann hat man besser ein paar Plakate, weiße Aufkleber und einen Filzstift mit, um verirrten Besuchern den Weg zu weisen.
Das führt manchmal dazu, dass wir bei Engagements in grotesker Weise gut ausgestattet sind: Dann kommt der Veranstalter und möchte uns etwas Gutes tun, und wir haben unhöflicherweise bereits unser eigenes Wasser, unseren eigenen Hocker, unsere eigenen Eintrittskarten...

Die schönsten Veranstaltungsorte sind meist leider die ohne Aufzug...

Etwa zwei Stunden vor Konzertbeginn sind wir im Saal. Wir positionieren unseren Aufsteller (im Fachjargon „Kundenstopper“ genannt) vor dem Eingang und schließen ihn mit einer Kette an (aus Schaden wird man klug...), zu der auch ein Schloss gehört, dass man AUCH auf die Liste schreiben muss (aus Schaden wird man klug ;) ). Wir bauen die Harfen, Hocker und Notenständer auf der Bühne auf, richten die Kasse samt Programmheften, CD-Verkauf und Newsletter-Liste neben dem Eingang ein und holen – falls nötig – auch noch die LED-Scheinwerfer aus dem Auto. Anschließend heißt es umziehen, einspielen und Harfen stimmen. Meistens eine halbe Stunde vor Beginn erfolgt der Einlass und wir setzen uns abwechselnd an die Kasse.

„Das sind ja Sie!“

An der Kasse zu sitzen ist der vielleicht anstrengendste Teil der Vorbereitung. Grade dann, wenn man sich auf die Musik einstimmen und Konzentration aufbauen möchte, kommt der erste Kontakt mit dem Publikum zu Stande. Nett ist es immer dann, wenn man direkt als MusikerIn identifiziert wird, nervig, wenn sich über zu hohe Eintrittspreise, mangelnde Vorverkaufsstellen oder zu wenig Parkplätze beschwert wird. Und um es ein für alle Male klarzustellen: Nein, wir gewähren keine Rentnerermäßigung! Wenn jemand bedürftig ist oder aus anderen Gründen Schwierigkeiten hat, den vollen Eintrittspreis zu zahlen, lassen wir natürlich mit uns reden. Aber bedenkt: Meistens sind die Gelder aus den Kartenverkäufen unsere einzige Einnahmequelle. Davon müssen wir alle Ausgaben decken. Wenn Ihr weniger zahlt, verdienen wir auch weniger.

 

Nachdem dieses letzte Vorspiel beendet ist, kommt der Hauptact: Das Konzert...

Was Sie schon immer über die Harfe wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten

Und schneller, als man gucken kann, ist auch schon die letzte Zugabe gespielt und der letzte Applaus verklungen. Jetzt möchte man am liebsten sofort die schweißgetränkten Konzertklamotten abstreifen, die Noten in die Ecke werfen und den Abend mit einem kühlen Bier ausklingen lassen. Nachdem man die Konzertabrechnung abgeschlossen hat. Und den ganzen Kram wieder vom Saal ins Auto geladen. Und die Harfen aus dem Auto in die Wohnung verfrachtet. Und die manchmal hunderte Kilometer lange Heimfahrt absolviert. Und, ach ja: Nachdem man sich durch die Menge gekämpft hat, die einem unbedingt nach dem Konzert noch eine (oder zwei...) ganz wichtige Frage stellen wollte.

Manchmal kann man sein eigenes Foto nicht mehr sehen...

Der Kontakt zum Publikum nach dem Konzert gehört ebenso dazu wie die Musik selbst. Hier ist es genau wie beim Kassendienst: Die allermeisten Begegnungen sind nett, manche sind skurril und einige wenige sind einfach nur nervig.

Wenn uns die Leute berichten, wie sie unsere Musik angerührt und wie gut es ihnen gefallen hat, sind wir hochzufrieden. Wir sind schließlich gekommen, um genau das zu erreichen. Auch die 127. Frage, wofür denn eigentlich die Pedale da sind, sei ihnen verziehen, schließlich ist eine Harfe ja nichts Alltägliches. Solche Fragen beantworten wir immer gern und führen dann auch ausführlich vor, wie die Mechanik der Harfe funktioniert.

Aber was genau den älteren Herrn dazu bewegte, uns eine Dreiviertelstunde voll zu quatschen, um dann noch ein paar russische Volkslieder vorzusingen, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Auch die befreundete Harfenistin, die uns erst in ein langes, interessantes Gespräch verwickelte, um sich hinterher aus unserem Newsletter auszutragen, ließ uns ratlos zurück. Und was der Herr, der stolz verkündete, er habe noch nie eine Harfe angefasst, nur um dieses Versäumnis umgehend nachzuholen, sich dabei gedacht hat, werden wir wohl nie erfahren.

Manchmal jammern wir über dreistes Publikum, niedrige Eintrittspreise oder unverschämte Veranstalter. Das alles müsste uns nicht kümmern, wenn wir nur gegen Gage spielen würden. Wobei wir dann über die niedrigen Gagen jammern könnten ;) . Aber bei unserem Konzept haben wir etwas, was viele MusikerInnen nicht haben: Vollständige künstlerische, gestalterische und organisatorische Freiheit. Die monatelange Vorbereitungszeit lohnt sich für uns auf jeden Fall. Da sind auch mal ein paar russische Volkslieder drin.

Laura & Daniel

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